Dr.-Ing. Bernd Iskluth

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Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für Schadensuntersuchung metallischer Werkstoffe, insbesondere im Anlagen- und Maschinenbereich

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Rohr mit Korrosion und WanddurchbruchSchäden und Schadensuntersuchung

Die Vermeidung von Schäden ist eine anspruchsvolle Aufgabe und Herausforderung für alle, die mit der Konstruktion, der Herstellung und dem Betrieb von Maschinen und Anlagen zu tun haben. Treten trotz aller Sorgfalt unerwartete Schäden auf, sind die Ursachen und Zusammenhänge in den meisten Fällen nicht sofort und eindeutig zu erkennen.

Das Versagen eines Bauteils ist in der Regel ein Versagen des Werkstoffs infolge einer ungeplanten oder nicht vorhersehbaren Überbeanspruchung, die am Bauteil und am Werkstoff charakteristische Spuren hinterläßt. Dies ermöglicht eine werkstofftechnische Bewertung des Bauteilversagens. Zur eingehenden Untersuchung steht eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren zur Verfügung, die inzwischen von vielen Prüflabors routinemäßig durchgeführt werden können.

Nach Ermittlung des Schadensmechanismus am Bauteil läßt sich die Schadensursache durch Rekonstruktion des Schadensablaufs klären. Dazu muß der Schadensfall ganzheitlich betrachtet werden, was unter anderem die genaue Kenntnis der konstruktiv vorgesehenen und der tatsächlich aufgetretenen Belastungen mit einschließt. Erst dadurch wird das eigentliche Ziel einer Schadensuntersuchung erreicht, nämlich die Ermittlung der primären Ursache eines Schadensereignisses im Sinne einer Root-Cause-Analyse.

 

Durchführung einer Schadensuntersuchung

Ablaufschema einer Schadensuntersuchung
Ablaufschema einer Schadensuntersuchung

Eine erfolgreiche Schadensuntersuchung setzt eine systematische Vorgehensweise voraus. Nur so wird sichergestellt, daß im Gegensatz zur rein intuitiven Ursachenermittlung wirklich alle schadensbegünstigenden und schadensauslösenden Merkmale erfaßt werden.

Im Folgenden wird das Ablaufschema einer Schadensuntersuchung dargestellt, das sich an die VDI-Richtlinie 3822 „Schadensanalyse“ anlehnt, die Iterationsschleifen der einzelnen Arbeitsschritte aber deutlicher hervorhebt. Das Schema soll zeigen, daß eine Schadensuntersuchung umfassend aber dennoch effizient gestaltet und an die jeweilige Aufgabenstellung angepaßt werden kann.

Der erste und wichtigste Schritt einer Schadensuntersuchung ist die Schadensaufnahme mit eingehender Besichtigung und Dokumentation des Schadens vor Ort möglichst unmittelbar nach Schadenseintritt. Der ursprüngliche Zustand liefert oft entscheidende Hinweise auf die Schadensursache.

Bei der Bestandsaufnahme werden weitere Informationen zum Schadensfall gesammelt: Technische Einzelheiten zu den Schadensteilen und zu deren Vorgeschichte einschließlich der Betriebsbedingungen.

Nun folgt eine erste Auswertung: Welche Erkenntnisse liegen vor, welche Aussagen zur Schadensursache lassen sich ableiten? Sind der Schadenshergang und das Schadensbild widerspruchsfrei nachvollziehbar? Kann die Schadensursache aufgrund von Erfahrungen oder vergleichbaren Schadensfällen bereits mit hinreichender Genauigkeit eingegrenzt oder sogar bereits abschließend hergeleitet werden? Lassen sich bestimmte Schadensursachen eindeutig ausschließen?

Jetzt wird entschieden, ob an ausgewählten Bauteilen Laboruntersuchungen unter anderem aus dem Bereich der Werkstoffanalytik, der Metallografie, der Elektronenmikroskopie oder der Festigkeitsprüfung notwendig und nicht zuletzt auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sind.

Sollte sich ein größerer Untersuchungsumfang ergeben, empfiehlt sich die Aufstellung eines schrittweisen Untersuchungsplans, um einen zielorientierten Ablauf der Untersuchungen bei minimalem Zeit- und Kostenaufwand zu gewährleisten. Der Untersuchungsplan sollte so flexibel sein, daß jederzeit von diesem abgewichen werden kann, falls neue Erkenntnisse einen anderen Ablauf sinnvoll werden lassen.

Der Schadensbericht oder das Schadensgutachten stellen den Abschluß einer Schadensuntersuchung dar. Sie enthalten die Dokumentation des Schadens, die Formulierung der Schadensursache sowie alle Einzelheiten und Überlegungen, die für die Ursachenermittlung wichtig sind. Sie können als Grundlage für die Erarbeitung konkreter Abhilfemaßnahmen herangezogen werden und dienen nicht zuletzt der Erfahrungssicherung.

 

Schadensuntersuchung und Werkstofftechnik

Bauteil zwischen Beanspruchung und Beanspruchbarkeit
Bauteil zwischen Beanspruchung und Beanspruchbarkeit

Während des Betriebs unterliegen Bauteile unterschiedlichen Belastungen. Neben einer rein mechanischen Belastung durch äußere Kräfte sind je nach Umgebungsbedingungen auch korrosive und thermische Einwirkungen möglich. Neben der Art und der Höhe der jeweiligen Belastung spielt deren zeitlicher Verlauf eine wichtige Rolle.

Die Gesamtheit aller Belastungen einschließlich deren Wechselwirkungen können zu einer komplexen Beanspruchung führen. Dieser stehen die Bauteileigenschaften gegenüber, die durch den Werkstoff, seinen Fertigungszustand und die konstruktiven Gegebenheiten bestimmt werden.

Das Versagen eines Bauteils ist in der Regel ein Versagen des Werkstoffs infolge einer ungeplanten oder nicht vorhersehbaren Überbeanspruchung. Auch Werkstoffehler sind als Schadensursache in Betracht zu ziehen.

Schadensuntersuchungen erfordern daher die genaue Kenntnis des jeweiligen Werkstoffverhaltens unter der Einwirkung unterschiedlicher Einflüsse, aber auch der Möglichkeiten und der Aussagegrenzen von Werkstoffuntersuchungen.

Das Wissen dazu liefert die Werkstofftechnik. Sie befaßt sich mit der praktischen Anwendung der Werkstoffe. Sie umfaßt die Herstellung, Verarbeitung und Prüfung von Werkstoffen einschließlich der praktischen Bewährung und beschäftigt sich nicht zuletzt mit Werkstoffentwicklungen. Werkstofftechnische Zusammenhänge sind bei Schadensuntersuchungen von grundlegender Bedeutung.

 

Schadensuntersuchung und Schadensanalyse

Schadensanalyse und VDI 3822
Schadensanalyse und VDI 3822

Der Begriff der Schadensanalyse als Synonym für eine systematische Schadensuntersuchung ist seit fast 40 Jahren eng mit der VDI-Richtlinie 3822 verbunden.

Zweck der Richtlinie ist es, Begriffe zu definieren, Schadensarten einheitlich zu benennen und zu beschreiben, zur systematischen Vorgehensweise bei der Schadensanalyse anzuleiten, die Vergleichbarkeit der Ergebnisse verschiedener Untersuchungsstellen zu gewährleisten sowie Voraussetzungen zur nachvollziehbaren Dokumentation zu schaffen /1/. Sie bietet dem Anwender eine umfassende, regelmäßig aktualisierte Zusammenstellung von Schadensarten und Schadensmerkmalen mit Erklärungen zu den werkstoffkundlichen Schadensmechanismen und Zusammenhängen.

Den Ausführungen liegt die Systematik zugrunde, daß ein Bauteilversagen in Abhängigkeit von der jeweiligen Überbeanspruchung am Bauteil und am Werkstoff charakteristische Schadensmerkmale hinterläßt. Aus diesen makroskopischen und mikroskopischen Schadensmerkmalen lassen sich bei einer Bauteiluntersuchung Hinweise auf die zum Bauteilversagen führende Überbeanspruchung finden, die in die Rekonstruktion des Schadensablaufs zur Ermittlung der Schadensursache eingeht.

Die in der Richtlinie beschriebene Schadensanalyse bietet eine Hilfestellung und darf nicht als Selbstzweck mißverstanden werden. Die dargestellte Vorgehensweise wird manchmal als überdimensioniert, überladen oder schwerfällig kritisiert. Dabei wird übersehen, daß allgemeingültige Beschreibungen immer alle denkbaren Möglichkeiten erfassen müssen und an den Einzelfall anzupassen sind.

Der Schwerpunkt der Schadensanalyse nach VDI-Richtlinie 3822 liegt auf der Bauteiluntersuchung und der werkstofftechnischen Interpretation. Eine Schadensuntersuchung beschäftigt sich im Sinne einer Schadensfallanalyse darüber hinaus eingehend mit Fragen aus den Bereichen der Konstruktionslehre und der Fertigungstechnik, der Festigkeitslehre einschließlich der Bruchmechanik, der Physik und nicht zuletzt der Chemie, insbesondere bei Korrosionsschäden.

 

Quellen

/1/

VDI-Richtlinie 3822 (11.2011): Schadensanalyse; Grundlagen und Durchführung einer Schadensanalyse.
VDI-Gesellschaft Materials Engineering (Hrsg.), Beuth Verlag GmbH, Berlin.

 

 

© Dr. Bernd Iskluth